et gippt verdammich viele Wörters, abba wennze dichn paar merks, kommsse mitti Menschn ganz gut klar.

Das heutige Ruhrdeutsch basiert auf Hochdeutsch, dazu kommen Elemente „ursprünglicher“ Dialekte, Einflüsse aus Westfalen und vom Niederrhein und hier und da ein paar neu erschaffene Besonderheiten. Eine einheitliche Sprache ist es nicht. Allein schon, weil es sich bei Ruhrdeutsch nicht um eine Sprache, sondern einen Regiolekt handelt; d. h. die Sprache variiert alle paar Kilometer, es existiert keine Grammatik und auch Aussprache und Sprachgewohnheiten unterscheiden sich von Ort zu Ort.

Die Mentalität der Menschen und der Sprache – das geht nicht einfach so, das ist Können, Wissen und Erfahrung. All diese Phänomene kommen nicht exklusiv im Ruhrdeutschen vor, sie werden auch in anderen Dialekten und Regiolekten durchaus gebraucht. Erst durch die Kombination miteinander ergibt sich der „typische Klang“ des Ruhrgebiets. Wir duzen und siezen nämlich oft gleichzeitig: „Du Frau Dingens, samma!“ Und schon sind wir wieder bei einer Eigenart des vermeintlichen Kohlenpotts: Unsere Grammatik, so sie so genannt werden mag, hat für Sie grammatikalische Überraschungen parat, die weit über den sterbenden Genitiv hinausgehen. Ach was, bleiben wir doch beim Genitiv! Ich bin zum Beispiel „mein Vatta seine Tochter“ und „dat is dem Oppa seine Kabache“. Zudem regnet es hier nicht einfach „et meimelt“ oder „et plästert“ „wenn dat am Rechnen dran is“ Wenn man und frau sich daran gewöhnt haben, geht es eigentlich.

Der Klang der Heimat: Für Chichi nich zuständich.

Eykurs, pardon, Exkurs: Beispiel? Beispiel!

Die Sache mit „dat“, „wat und „et“ dürfte allgemein bekannt sein, ergänzend zu „es“ gibt es auch „ette“, also die weibliche Form, und „ihrse“ und „ihmchen.

Woanders mag es „Pferde“ und „Pfannen“ geben, hier gibt es „Ferde“ und „Fannen“, das „pf“ ignorieren wir geflissentlich und rigoros. Kostet nur Zeit, ohne geht schneller!

Akkusativ und Dativ sehen wir nicht so eng: „Komm bitte zu deiner Oma“ wird zu „Komma beide/beie/zue Omma“. Und „Reich mir bitte die Butter“ wird zu „Gimma den Butta/Gib mich die/den Butta“.

Falls am Anfang oder Ende (also im Inlaut und Auslaut) ein „g“ oder „k“ auftaucht, machen wir daraus konsequent einen Ach-Laut: „genuch“, „sach an“, „Vertrach“, „Tach“ und auch „Geburtstach“ sind völlig üblich.

Vokale, die anderswo vielleicht lang ausgesprochen werden, sind hier kurz: „Spaß“ wird zu „Spass“, „Bahnhof“ zu „Bannoff“ etc. Sehr häufig fallen auch Buchstaben und ganze Laute einfach weg: „auch“ wird „au“, „nicht“ wird „nich“ oder „nix“, „noch“ wird „no“, „und“ wird „un“.

Das Ruhrdeutsche hat seine Eigenheiten auch bei Personalpronomen und dem Genitiv (den wir eigentlich kaum kennen), so bin ich „mein Vatta seine Tochter/meine Mutta ihre Tochter/mein Bruda seine Schwesta“, das Fahrrad des Nachbarn ist „ihm sein Farratt/ihm seins“,

Der lokale Imperativ ist eine sehr praktische Sache, ein ganzer Satz kann auf ein Wort reduziert werden: „Hör doch bitte mal zu“ wird zu „Hömma!“, „Könntest du mir bitte sagen, wer wie was auch immer“ wird zu „Samma!“, „Komm bitte einmal her“ wird zu „Komma!“. Das funktioniert so prächtig, dass es auch „Kumma“ (Schau bitte einmal her), „Zamma!“ (Zeig doch bitte mal, was du da zeigen willst), „Mamma!“ (Mach doch bitte einfach), „Tuma!“ als Variation von „Mamma!“. Solche Schmelzwörter (Kontraktionen) kommen sehr oft vor und sind für ungeübte Menschen zuweilen schwer zu verstehen. Passend dazu ziehen wir Wörter gerne zusammen: „haben wir“ zu „hamwa“, „wollen wir“ zu „wollnwa“.

Wie immer haben wir keine Zeit, sparen uns überflüssig erscheinende Wörter, lassen dies und das weg, und nennen es Kommunikation. Ein üblicher Dialog, ein komplettes Gespräch:

„Tach.“
„Jau.“
„Wie isset?“
„Muss. Un selbs?“
„Auch.“
„Ja, dann mach gut.“
„Tschüss.“


Allet. Abba nie nich egal.

Egal wie gut Ihr Hochdeutsch sein mag, spätestens wenn Sie „Dortmund“ sagen, verraten Sie Ihre Herkunft und Sozialisierung – es kommt nämlich „Doatmund“ dabei heraus. Gleiches gilt für „Kirche“, die zu „Kiache“ wird. Jedenfalls im Ruhrgebiet bzw. "anne Rua". 

Und wo ich gerade bei Kohlenpott bin: Die letzte Zeche hat irgendwann in den 1970er geschlossen, und ja, es ist erstaunlich und überraschend grün hier. Boah, ich kannet nich mehr hörn!
Getz abba ma los! Wollnwa?